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Gemeinsam einsam

Episode 08 I Januar 2020

Worum geht es in dieser Folge?

 

36 Millionen Menschen in Deutschland fühlen sich manchmal oder ständig einsam. Welche psychologischen Faktoren spielen dabei eine Rolle? Durch was zeichnet sich eine menschenfreundliche Stadt aus? Welche Angebote gibt es, um sich mit anderen Menschen zu vernetzen?

 

In dieser Folge des Raumcasts beschäftigen wir uns mit Einsamkeit in der Großstadt.

 

Um uns diesem Thema anzunähern haben wir uns mit der Psychologin Klara Waterman unterhalten und Einsamkeit definiert. Sie erklärt, wie solche Gefühle entstehen und es werden Anstöße gegeben, wie man im eigenen sozialen Umfeld damit umgehen kann. 

 

In der Großstadt ist es nicht immer leicht Anschluss zu finden, jedoch haben die meisten Menschen das Bedürfnis mit Anderen in Kontakt zu sein. Während allein sein ein objektiver Zustand ist, ist Einsamkeit ein Gefühl, was durch die subjektive Bewertung dieses Zustands entstehen kann. Einsam fühlen kann man sich aber auch wenn man von anderen Menschen umgeben ist. Oft steht das Gefühl dann in Zusammenhang mit allgemeinem Unwohlsein oder fehlendem Selbstbewusstsein. Erstmal ist das auch ein ganz normaler Zustand, dem wir durch achtsamen Umgang miteinander begegnen können. Wenn das Gefühl jedoch immer wieder auftritt und man nicht mehr normal agieren kann, sollte man sich professionelle Hilfe suchen.

 

Aber nicht nur im Umgang miteinander kann man Einsamkeit vorbeugen, auch in der Stadtplanung gibt es die Möglichkeit menschliche Bedürfnisse zu berücksichtigen. Der dänische Architekt und Stadtplaner Jan Gehl beschreibt in seinem Buch “Cities for People” aus psychologischer und architektonischer Perspektive die Voraussetzungen, die der öffentliche Raum als Begegnungsort erfüllen müsste, um zur Kommunikation einzuladen.

 

Damit Menschen sich an einem Ort wohlfühlen und gerne aufhalten, sollten sie die Möglichkeit haben zu beobachten. Dafür sind sogenannte Randzonen, damit sind beispielsweise Nischen, Wände oder Bäume gemeint, gut geeignet. Besonders dann, wenn es viele Details zum Ansehen und einen guten Überblick gibt. Sich anlehnen oder abstützen zu können verleiht ein Gefühl von Sicherheit. Selbstverständlich laden auch Sitzplätze dazu ein an einem Ort zu verweilen. Reglementierte Bereiche, die für eine bestimmte Nutzung vorgesehen sind oder weitläufige Freiflächen zwischen großen, glatten Gebäuden aus Beton oder Glas passen allerdings nicht zum Maßstab des Menschen. 

 

Der Verkehr in Großstädten, die Hektik und abwesende Blicke aufs Smartphone erschweren mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen. Das Beobachten von spielenden Kindern oder ein buntes Treiben unterschiedlichster Menschen hingegen schaffen Raum für Begegnung. Begegnungsräume können aber auch durch gemeinschaftliche Initiative von Anwohnern geschaffen werden. Bestes Beispiel dafür ist die Regenbogenfabrik in Kreuzberg, die wir in unserer Folge des Raumcasts vorstellen. Ein Kinder-, Kultur- und Nachbarschaftszentrum, das durch die Besetzerszene in den 1980er Jahren in Kreuzberg entstanden ist. Ziel war es nicht nur bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sondern auch die Nachbarn zu vernetzen und einen öffentlichen Raum zu gestalten in dem Menschen miteinander Projekte unterschiedlicher Art verwirklichen können. 

 

Die Idee war ein voller Erfolg. Heute besteht die Regenbogenfabrik unter Anderem aus einer Kindertagesstätte, einem Café, einem Hostel, einem Kino, einer Fahrradwerkstatt und einer Holzwerkstatt. Verschiedene Veranstaltungen, die wenig oder kein Geld kosten, laden Nachbarn und Interessierte ein, vorbeizukommen und sich zu vernetzen. In unserem Interview mit dem Kollektivmitglied Andy Wolff erzählt er uns wie eine solche Gemeinschaft die Lebensqualität von Menschen erheblich verbessern kann und es wird immer offensichtlicher wie wichtig ein Gefühl von Zugehörigkeit im Leben ist. 

 

Während man darauf wartet, dass politisch und stadtplanerisch Zeichen gesetzt und Städte menschenfreundlicher gestaltet werden, liegt es wohl letztlich an jeder Person selbst, durch achtsameren Umgang miteinander, Gefühle von Verbundenheit und so das Wohlbefinden von unseren Mitmenschen und uns selbst zu stärken.

Mehr zum Thema

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Interviews wurden mit Andy Wolff (Regenbogenfabrik) und Klara Waterman (Psychologin) geführt

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Jan Gehl (2010): Cities for People, IslandPress

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Koalitionsvertrag

 

Regenbogenfabrik Berlin

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Tagesschau (2019): Einsamkeit - das wachsende Leid. Verfügbar hier.

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