Zu verschenken
Verschenken im öffentlichen Raum
Episode 21 I Dezember 2020
Worum geht es in dieser Folge?
Immer wieder können wir sie im öffentlichen Raum entdecken: Kisten mit aussortierten Dingen und der
Aufschrift „zu verschenken“ - Empfänger*in unbekannt. Meist ist die Kiste aber schnell leergeräumt.
Menschen, die vorbeikommen, stöbern darin und nehmen sich Dinge mit, die sie gebrauchen können,
ohne dafür etwas zu bezahlen oder etwas zurückgeben zu müssen. Aber mit was für einem Phänomen
haben wir es hier zu tun? Sind Verschenkekisten ein Zeichen materiellen Überflusses, oder der Glanz einer
Utopie alternativen Wirtschaftens? Und welche Gründe gibt es für das öffentliche Verschenken?
Ausgehend von Verschenkekisten auf der Straße beschäftigen wir uns in dieser Raumcast-Folge mit dem
Verschenken im öffentlichen Raum. Verschenkekisten sind dabei nur eines von vielen Phänomenen,
öffentlich zu Verschenken. Organisiert und im (halb-) öffentlichen Raum findet sich das Schenken auch in
Form von Fairteilern mit geretteten Lebensmitteln und Umsonstläden. Umsonstläden sind Orte an denen
funktionstüchtige, gut erhaltene Gegenstände abgegeben und von anderen kostenlos mitgenommen
werden können, ganz ohne Gegenleistung.
Aber was treibt die Menschen an, die sich für diese öffentlichen Schenkstrukturen engagieren? Welche
Konzepte und Ideen verfolgen sie und welche Probleme können durch das Verschenken im öffentlichen
Raum entstehen? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, haben wir mit Menschen gesprochen, für die
das öffentliche Verschenken Teil des Alltags geworden ist: Mit dem Foodsaver Gerard, Nikolai von der
Verschenke-Ecke im Haus der Materialisierung und Tillmann von der Schenke – einem Umsonstladen in
Weimar.
Neben diesem Blick in die Praxis, haben wir uns mit der Frage beschäftigt wie sich das Verschenken im
öffentlichen Raum vom Schenken im Privaten unterscheidet und uns mit Theoretikern wie Marcel Mauss,
Heinzpeter Znoj und Helmut Berking, den Gabentausch in archaischen Gesellschaften angesehen und
untersucht wie sich das Schenken in modernen Gesellschaften davon unterscheidet. Und schließlich
diskutieren wir die Frage inwiefern Umsonstläden eine Alternative zum kapitalistischen Wirtschaftssystem
sein können.
Idee und Konzept
Ludwig Meckel
Hannah Müller
Jan Wagenitz.
Diese Folge entstand im Sommersemester 2020 in Kooperation mit dem Center for Metropolitan Studies (CMS) an der TU Berlin im Rahmen eines Projektseminars des Masterstudiengangs "Historische Urbanistik".
Interviewpartner
Foodsaver Gerard, Nikolai von der Verschenke-Ecke im Haus der Materialisierung (HdM) und Tillmann von der Schenke – einem Umsonstladen in Weimar. Das HdM ist ein Modellprojekt im Haus der Statistik und setzt sich mit nachhaltiger Ressourcennutzung auseinander.
Quellen & mehr zum Thema
Arbeitskreis Lokale Ökonomien Hamburg. Diskussionen und Theorie. Verfügbar hier.
Berking, Helmut (1996). Schenken: zur Anthropologie des Gebens. Campus Verlag Frankfurt am Main.
Eisenstein, Charles (2011). Sacred Economics. Money, Gift, and Society in the Age of Transition. Evolver
Editions, Berkeley (USA).
Foodsharing. Statistik. Verfügbar hier.
Miklautz, Elfie (2010). Geschenkt – Tausch gegen Gabe – eine Kritik der symbolischen Ökonomie. Wilhelm
Fink Verlag, München.
Mauss, Marcel (1968 [1924]). Die Gabe – Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften.
Suhrkamp Verlag. Frankfurt am Main.
Notz, Gisela (2011). Theorien alternativen Wirtschaftens. Schmetterlin Verlag, Stuttgart.
Statistisches Bundesamt (Destatis) (2020). Wirtschaftsrechnungen Laufende Wirtschaftsrechnungen
Ausstattung privater Haushalte mit ausgewählten Gebrauchsgütern, Fachserie 15, Reihe 2.
Znoj, Heinzpeter (1995). Tausch und Geld in Zentralsumatra – Zur Kritik des Schulbegriffes in der
Wirtschaftsethnologie. Reimer Verlag Berlin.